RENTARASTA

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Einleitung

20 Jahre Rentarasta

Rentarasta gibt es nun fast 20 Jahre. Grund genug zurück zu blicken: Wie ging es eigentlich los? Wer war damals schon dabei? Na klar, einer war auf jeden Fall dabei: Sante. Er hat Rentarasta gegründet. Wie es dazu kam und was in der Zwischenzeit so alles passiert ist, hat er in einer kleinen "Rentarasta-Saga" zusammengetragen. Viel Spaß beim Lesen!

Inhalt

Geschichte

Eine kleine Vorgeschichte – Wie mich der Virus packte

Schon in den 80 hatte ich meine erste Band mit Reggae-Einflüssen gegründet. Diese war mehr oder weniger zufällig entstanden, als ich mit einem Freund, der damals genauso wie ich Zivi war, morgens nach Dienstschluss in der Paderborner Kneipe „Akka“ nahe dem Pelizäus-Gymnasium „Pelle“ saß, um gemeinsam eine Schildkrötensuppe, das war damals unser Code für heißen Kakao, zu trinken. Ein uns bekannter Schüler vom Pelle, der wohl keinen Bock auf Unterricht hatte kam herein und sprach uns an mit den Worten „ Hey, ihr seid doch eine Band, wollt ihr nicht auf unserer Abi-Party spielen?“ Zwar waren wir beide schon immer begeisterte Musiker, jedoch beschränkte sich das gemeinsame Musizieren bis dahin mehr oder weniger auf ein paar Sessions in der Zivibude oder mal am Lagerfeuer. Wir kannten uns gut damals und hatten immer Spaß daran, andere Leute an der Nase herumzuführen. Wir schauten uns kurz an und bestätigten: “Ja klar, wir sind eine Band“. Im gleichen Moment wurde uns wohl klar, dass es diesmal nicht bei einem Spaß bleiben würde. Da hatten wir uns ein bischen zu weit aus dem Fenster gelehnt und mussten das Ding nun durchziehen. Also setzten wir uns zusammen und versuchten ein kleines Programm für den Auftritt im Pelle zu planen. Die besondere Herausforderung bestand darin, unsere doch recht konträren Musikinteressen unter einen Hut zu bekommen. Denn Sascha war Rockmusiker und ich hatte schon immer den Hang zu den Beatles und seitdem ich Jamaica entdeckt hatte – ich war jung und brauchte den Kick – war für mich natürlich der Reggae das non plus ultra.

Die Beatles muss ich hier nennen, weil meine erste Band eine Beatles Band war, die ich zusammen mit meinem Bruder Claudio, der auch später bei Rentarasta beteiligt sein sollte, in unserem gemeinsamen Kinderzimmer gegründet hatte. Das Schlagzeug hatten wir damals selber gebastelt und ich weiß noch wie ich von den Eltern Ärger bekommen hatte, weil ich in so einen Zinnteller, den man eigentlich zur Zierde an die Wand hängt, ein Loch gebohrt hatte. Naja, das war es mir aber Wert, denn was ist schon ein Schlagzeug ohne Crashbecken? Eigendlich wollte ich immer schon Drummer werden, aber meine Eltern konnten das nicht stemmen. Also wurde ich Bassist, indem ich die 8 dünneren Saiten der zwölfsaitigen Eko-Gitarre unseres Vaters entfernte, das Mikrofon des Kassettenrekorders ins Schallloch steckte und das Ganze dann an die Hifi-Anlage anschloss. Den Lautstärkeregler musste ich vollständig aufreißen, die Bässe auch ganz reindrehen, dafür aber die Höhen ganz raus, und ab ging die Post. Zwar war es nur so am Abrauschen was das Zeug hält und total verzerrt, aber „with a little help from my friends“ ging das schon irgendwie, immerhin hatte ich einen Elektrobass. Schon damals machte ich die ersten Versuche gleichzeitig Bass zu spielen und zu singen, was ich ja dann später bei Ruby Malice auch tun musste. Übrigens hat mich das Bassspielen bis heute nicht losgelassen.

Not macht erfinderisch und so ergab sich aus diesem Interessenkonflikt die Schöpfung einer unserer Meinung nach damals völlig neuen Musikrichtung, die wir damals „Reggae-Metal“ nannten. Zwar war das ein fauler Kompromiss, unter dem ich in den Folgejahren immer ein bisschen gelitten hatte, aber das ganze stellte sich als ein gut gehendes Konzept heraus. Wir spielten Rocksongs, Reggaesongs, und eben solche die beide Stilrichtungen in einem Song vereinigten, teilweise auf geschickte Art und Weise, teilweise aber auch durch das plumpe Aneinanderreihen von Rockparts und Reggaeparts. Wenn ich mir das heute so anhöre, einige Recordings und auch ein Video gibt es ja noch, war das musikalisch gesehen schon ganz schön riskant und wackelig, aber vor allem auch mutig. Im Nachhinein bin ich aber froh über meinen damaligen jugendlichen Übermut, dann das Konzept hat in der Tat funktioniert und so haben wir nicht nur auf der erwähnten Abiparty gespielt, sondern unter dem Namen „Ruby Malice“ einige Jahre lang Konzerte veranstaltet. Es hatte zwar eine Weile gedauert, bis wir eine vollständige Bandbesetzung zusammen hatten, doch waren wir stets in der Lage ein paar Songs live zu spielen.

Es zog uns damals nicht nur in die benachbarten Städte, sondern wir bekamen auch einige kleine Mini-Tournees (zwei Tage hintereinander auftreten war für uns damals schon eine Tournee) auf die Reihe. So waren wir beispielsweise auch in Thüringen unterwegs, denn die Mauer war damals gerade gefallen. Auch in Berlin, wo ich damals wegen meines Besuchs der School of Audio Engineering (SAE) wohnte, spielten wir ein zwei Gigs. Ich erinnere mich besonders an den Gig im Tacheles. In Berlin befand sich auch das Cave Studio, welches ich mit einigen Kumpels der SAE gegründet hatte und wo wir damals auch die allerletzten Studioaufnahmen mit Ruby Malice machten, bevor das Projekt so langsam mehr und mehr im Sand verlief. So war das damals, es gab wie bei jeder Band gute und weniger gute Zeiten, doch einiges blieb. Ich hatte entdeckt dass ich in der Lage bin ein Publikum zu begeistern, auch wenn die Band mal scheiße spielt. Und zweitens hat sich das Konzept „Reggae & More“ gefestigt. Es hat sich gezeigt, dass Reggae entgegen der damals viel vertretenen Auffassung tatsächlich in vielen farbenreichen Variationen funktioniert, auch dass es noch mehr als Bob Marley gibt, auch wenn Bob Marley für mich nach wie vor der King of Reggae bleibt. Außerdem, und das machte mir Mut, muss man nicht eine bestimmte Hautfarbe haben oder aus der Karibik kommen, um als seriöser Reggaemusiker bei den Zuhören anzukommen.

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Als das Jucken wieder kam

Es war die Zeit als ich keinen Bock mehr auf meinen Job hatte und im Sommer '95 auf dem Westfalen-Kolleg den zweiten Bildungsweg einschlug. Drei Jahre lang eine ruhige Kugel schieben, so tun als ob man das Abi nachholen will und dafür auch noch elternunabhängiges BAföG kassieren. Das war nicht nur meine, sondern auch die Motivation der meisten anderen Freaks die da so herumrannten.

Dass ich ungeplanter Weise doch ein guter Schüler wurde und anschließend zu studieren begann und so weiter, das ist zwar eine andere Geschichte, sollte aber erwähnt werden, da ich später auf der Uni unseren Gitarristen Kai kennenlernen sollte.

Das Kolleg war ein großes Erlebnis, denn man traf eine Menge Leute, die schon in der Berufswelt gestanden hatten, zum Teil gutes Geld verdienten und auch so hätten weiter machen können. Doch all diese Leute hängten ihren Job an den Nagel um sich mutig ins kalte Wasser zu stürzen. So selten sie zum Teil auch zum Unterricht erschienen, so brachten sie doch alle eine gewisse Aufbruchstimmung mit. Allen juckte es irgendwie etwas neues zu tun. Und so war es auch bei mir. Zwar hat es einige Zeit gedauert bis ich wusste, was da so juckt aber es juckte ungemein und heute weiß ich dass es drei Dinge waren. Erstens war ich wohl beruflich unzufrieden oder nicht ausgelastet oder was auch immer und ich bin heute sehr froh nochmal einen anderen Weg eingeschlagen zu haben. Zweitens war ich damals erst Solo und, wie sollte es auch anders sein, habe ich mich dort bald verliebt und die Frau meines Lebens kennen gelernt. Und drittens kann ich mich noch gut erinnern wie stolz ich war, als ich in der Pause auf dem Schulhof erzählen konnte: “Ich mach wieder Musik!“

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Und los geht’s – the birth of Rentarasta

Und das gute war, dass ich auch Zeit dazu hatte. Ich fing wieder an, täglich zu Hause herumzuklimpern, Songs zu schreiben, sie aufzunehmen, einen Proberaum über einem Schweinestall in Anreppen klar zu machen und Leute zu mobilisieren. Als erstes gewann ich meinen Bruder Claudio als Gitarrist und einen seiner Kumpels namens Cord als Drummer für das neue Projekt. Und so probten wir zunächst zu dritt, wobei ich natürlich selbst den Bass spielen musste, denn es war ja sonst kein anderer da. Eigentlich hätten wir auch noch einen Keyboarder benötigt, aber das dauerte noch ein bißchen. Wir haben uns beholfen, indem ich aus meinen Demo-Aufnahmen die Keyboardspuren extrahierte und diese auf einen Kanal einer Audiokassette aufnahm. Auf den anderen Kanal legte ich ein Metronom, welches uns helfen sollte zu diesem Playback zu spielen. Durch die Trennung von Keyboards und Metronom hatten wir auch eine erste Lösung für Livezwecke geschaffen. Bei unserem ersten Auftritt als Vorband beim zehnjährigen Jubiläum der Band Salsaludando, wo ich damals für kurze Zeit als Bassist aushalf, bekam nur Cord als Schlagzeuger und „Timekeeper“ das Metronom über Kopfhörer zu hören. Claudio und ich hörten von dem Band nur die Keyboards und wir hofften alle, dass wir damit klarkommen. Bei einem der Songs passierte allerdings das was absehbar war. Wir verloren den Überblick beim Songablauf. Ist das nun der zweite oder schon der dritte Refrain? So ein Mist. So etwas passiert immer mal bei einer Liveband, das ist ganz klar. Dann schaut man sich eben mal an und kommuniziert ein bisschen nonverbal und einigt sich einfach irgendwie. Heute habe ich übrigens das Glück, dass meine Jungs immer wissen was zu tun ist wenn so etwas passiert. Ich gucke einfach mal ein bisschen böse und alle sind wieder voll und ganz im richtigen Part und voll in Time. Danke, Jungs!

Damals war aber einer der Jungs etwas unflexibel, nämlich der Keyboarder der vom Band kam. Zum Glück war Christoph, der Mann am Mischpult umso flexibler. Er erkannte das Problem und zog die Keyboards einfach ganz raus. So mussten wir zwar ohne Keyboards weiterspielen, konnten dafür aber das Stück sauber zu Ende bringen und ich glaube die meisten Leute haben das gar nicht bemerkt.

Der nächste der hinzu kam war Jochen. Er hatte sich auf eine „Das Heft“-Anzeige gemeldet. Ich war damals sehr erstaunt. Da gibt es einen wirklich guten Bassisten mit einem großem Interesse für Reggae und der wohnt auch noch in der selben Straße wie ich. Komisch, dass wir uns nicht schon früher begegnet sind, denn immerhin waren wir derzeit beide schon länger auf der Suche nach Gleichgesinnten. Es lief von Anfang an hervorragend mit Jochen als Bassmann und ich war froh, das Bassspielen abgeben zu können, auch wenn es mein Lieblingsinstrument ist, und mich nun ganz auf das Singen konzentrieren zu können. Zudem brachte Jochen auch gute Ideen für neue Songs in die Band.

Schon bald bekamen wir auch einen Organisten, der Olli hieß, Physik studierte, und uns nun endlich von dem Halbplayback befreite. Zwar waren alle auf Olli am schimpfen, weil wir nicht nur seine Hammond, sondern auch noch die passende Lesley-Box durch die Gegend schleppen mussten, doch war es unterm Strich ein großer Gewinn. Leider hat Olli nur einen einzigen Gig mit uns gespielt, da er nach dem Studium weg zog und wir uns dann aus den Augen verloren. Aber so ist das: „Life is full of hello and good bye“. Jedenfalls waren wir seit diesem Zeitpunkt endlich eine vollbesetzte Band und wir konnten richtig loslegen, was wir auch taten. Rentarasta war geboren.

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Die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Mittlerweile ist mir klar geworden, dass zu einer gut laufenden Band mehr gehört, als gute Songs zu schreiben und viele Gigs anzukurbeln. Es ist eine unglaubliche Glückssache und keineswegs selbstverständlich, dass alle äußeren Umstände es erlauben, sich mit Gleichgesinnten zusammentun zu können und etwas auf die Beine zu stellen.

So war es auch ein großes Glück dass Uli, den ich noch von früher aus dem Treibhaus und aus dem Red House kannte, mit mir Kontakt aufnahm, nachdem Organist Olli verschwunden war. Wir kannten uns wie man sich eben so kennt, wussten auch voneinander, dass wir Musiker sind, hatten aber musikalisch nie etwas miteinander gemacht. Ich weiß noch wie Uli für ein erstes Treffen bei mir in der WG vorbei kam und wie wir spontan ein zwei Passagen zusammen spielten. Irgendwie war es gleich klar, dass das passt und so ist es bis heute geblieben. Nicht nur als Keyboarder, sondern auch als Backgroundsänger war er bis Frühjahr 2012 ein wichtiger Eckpfeiler, ganz zu schweigen von seinem Potential als wandelndes Lexikon der Harmonielehre. Im Studio nahm er mir viel Arbeit ab, nicht nur in technischer Hinsicht sondern auch im Umgang mit durchdrehenden Musikern, mich selbst eingeschlossen.

Nachdem Ausstieg von Schlagzeuger Cord hatten wir wieder Glück, als Jochen sagte, er habe noch einen Bruder, der Eckert hieße und früher mal Schlagzeug gespielt habe. Es stellte sich nicht nur heraus, dass Eckert sich schnell wieder in die Materie einarbeiten konnte, sondern auch, dass sein eher rockorientierter Drumstyle für die Band ganz bedeutend werden sollte. Er ermöglichte uns die charakteristische und wichtige Verknüpfung zwischen karibischer und europäischer Musik und trug so ganz entscheidend für den individuellen Wiedererkennungswert bei, den eine Liveband sehr gut gebrauchen kann.

Auch Claudio musste uns irgendwann verlassen, was eine gute und eine schlechte Seite hatte. Klar war es musikalisch ein großer Nachteil auf ihn als Gitarrist und Backgroundsänger verzichten zu müssen. Besonders für mich war es immer von Vorteil ihn dabei zu haben, denn wenn man als Brüder schon als Kind zusammen musiziert hat, dann funktioniert vieles von ganz alleine ohne dass man viel besprechen muss. Trotzdem hatte es etwas gutes, denn er war genauso wie ich schon immer an der Tontechnik interessiert und hat nebenbei gesagt ein unheimlich gutes Gehör. So stand er uns von diesem Zeitpunkt an bei den meisten Gigs am Mischpult zur Verfügung. Auch in dieser Konstellation zeigte sich, dass wir nicht viel klären mussten. Claudio wusste einfach, was für einen Sound wir brauchen und er wusste auch, wann er irgendwelche Echo- oder andere Dubeffekte einbringen musste.

Den neuen Gitarristen Kai fand ich im DII-Hörsal der Uni Paderborn bei der Analysis-Vorlesung von Prof. Dr. Fuchssteiner. Wir hatten viele Übungszettel zusammen gemeistert, vielleicht gerade deshalb, weil wir sehr verschieden sind und auch altersmäßig etwas auseinander liegen. Um ehrlich zu sein, hat er mir zumindest im Grundstudium mehr geholfen als ich ihn. Jedenfalls hat es sich ganz ähnlich in musikalischer Hinsicht entwickelt. Wir ergänzen uns aufgrund der stilistischen Unterschiede nicht nur beim Musikhören sondern auch beim aktiven musizieren sehr gut. Kai hat durch seine Vergangenheit als Rock und Heavy Gitarrist enorme Möglichkeiten, unsere Musik gerade durch Styles aufzuwerten, die eben nicht gerade reggaetypisch sind. Gleichzeitig hat er sich aber auch sehr schnell die für Reggae charakteristischen Offbeats draufgeschaffen und versteht es, beide Stilistiken geschickt unter einen Hut zu bringen.

Im Übrigen ist auch noch die tolle Zusammenarbeit zwischen Uli und Kai zu nennen. Denn Gitarre und Keyboards haben einerseits die Aufgabe die harmonischen Grundlagen zu legen und andererseits müssen sie durch ihr Offbeatspiel das von Bass und Schlagzeug gelegte rhythmische Grundgefüge entscheidend zum Reggaebeat aufleben lassen. Die beiden teilten sich die genannten Aufgaben auf pfiffige Art und Weise, so dass es an Variantenreichtum nie mangelte.

Es gab aber auch eine Zeit, zu der Kai sich von Rentarasta zurückgezogen hatte, auch wenn er und ich immer schon weitere gemeinsame musikalische Aktivitäten pflegten. Ich glaube bei seinem damaligen Rückzug war ich damals relativ entspannt, weil ich gewusst oder zumindest gehofft hatte, dass es uns auch bei Rentarasta irgendwann wieder zusammenführen würde.

Bei aller Entspannung musste aber wieder ein Gitarrist her und so schalteten wir eine entsprechende Kontaktanzeige, ohne wirklich daran zu glauben dass wir jemanden finden würden, der das Loch angemessen ersetzen könnte. Aber so kann man sich täuschen, denn über diesen Wege kam Joachim oder Jo, wie wir ihn nennen, zu uns und was soll ich sagen, er passte wie Faust aufs Auge in die Lücke. Klar, er spielt anders als Kai, denn jeder Musiker hat seine eigenen Besonderheiten (zum Glück!), aber eines haben beide gemeinsam. Beide bringen durch die wohl dosierte Mixtur aus stilfremden und reggaeorientierten Elementen etwas unbeschreibliches ein, was den typischen Rentarasta-Sound ermöglicht.

Bis zum ersten Ende der ersten Rentarasta-Epoche im Jahre 2006 blieb Joachim der Gitarrist und kam auch noch hin und wieder zum Proben und für Gigs nach Paderborn, nachdem er aus beruflichen Gründen nach Köln gezogen war. Er brachte uns nicht nur als hervorragender Rhythmus- und Solo-Gitarrist, sondern auch durch viele geniale kompositorische Ideen immer weiter voran. Ich erinnere mich wie er mich davon überzeugen konnte, den eine oder anderen Song zu spielen, von denen ich dachte, dass sie in dieser Band nicht funktionieren würden. Nicht nur ich sondern auch die anderen Bandmitglieder rechnen es ihm hoch an, dass er es (zu Recht!) am Ende doch geschafft hat mich für diese Songs zu begeistern, denn in diesen Sachen bin ich manchmal ein großer Dickkopf. „For me seh Taco, Taco Taco“. Inzwischen spielt Jo bei einer tollen Kölner Formation und ich freue mich, dass er dem Reggae treu geblieben ist.

Wie kam eigentlich Rufaial zu uns? Wir spielten einen der vielen Gigs in der Paderborner Kulturwerkstatt, als ich wie gewohnt hinter mir irgendwelche improvisierten Einwürfe von den Backgrounds wahrnahm. Da haben die Jungs mal wieder zu viel getrunken oder so, dachte ich mir und wartete einfach ab. Eigentlich war es an der Zeit mit der nächsten Strophe weiterzumachen, aber man muss es ja manchmal einfach laufen lassen, wenn einer eine gute Idee hat. Warum nicht auch mal die Backing Vocals improvisieren lassen. Dieses Toasting, was ich da hörte, hatten wir noch nie und ich freute mich total über diesen Hauch eines Soundsystems. Ich wusste gar nicht, dass Uli rappen und toasten kann und das mit einer für einen Whity ungewöhnlichen schwarzen Stimme, wenn auch ziemlich unkoordiniert. Doch als ich mich zu ihm umdrehte, sah ich dass er gar nicht am Mikro war, sondern gemütlich seine Orgel spielte. Was war jetzt denn los? Keiner war am Mikro. Ich schwenkte meinen Blick zum Mischer in der Hoffnung den Überblick zu gewinnen. Für einen Moment war ich sauer auf den Mischer, das hatte ich noch nie erlebt. Da hat er einfach ein Mikro ins Publikum gegeben. Was hat der denn geraucht, dachte ich. Ich hatte es erst nicht gesehen, da Menschen mit schwarzer Hautfarbe im Halbdunkeln nun mal schwer auszumachen sind. Doch dann sah ich, dass da ein junger Mann mit dem Mikro in der Hand herumtanzte und sein bestes gab. Ich gab dem Mischer per Zeichensprache zu verstehen, dass er dem Freak das Mikro wieder abnehmen soll, was er dann auch irgendwie schaffte. Nach Ende der Show sprach dieser Freak namens Rufaial mich dann an und nach einer kurzen aber heftigen Diskussion waren wir uns einig dass man so etwas nicht einfach tut, basta! In den nächsten Wochen begegneten wir uns ein paar mal und so kam die Idee auf, dass Rufa, wie wir ihn mittlerweile nennen, als Percussionist bei uns einsteigen sollte. Eigentlich war Rufa von seinem Wesen her schon immer eher der Typ eines Drummers, was er ja heute auch ist, doch damals hatten wir ja einen Drummer, und so konzentrierte Rufa sich eben auf die Congas, Bongos und Kleinpercussions, was sich wie wir dann feststellten, sehr gut in die bisher ausschließlich durch die Drums hervorgebrachten Beats einfügte. Wir hatten unser rhythmisches I-Tüpfelchen gefunden.

Auch Jochen stieg irgendwann aus. Er hatte inzwischen beruflich viel zu tun und wir hatten Verständnis für seine Situation. Das einzige gute an der Sache war, dass er zuvor Mattes kennen gelernt hatte, den er uns als Nachfolger vorschlug. Klar, dass wir Mattes so schnell wie möglich als neuen Bassisten ausprobieren wollten. Jochen zeigte ihm ein paar seiner Riffs und als Mattes das erste mal zur Probe kam war es so, als hätte er schon ein paar Wochen mit uns zusammengearbeitet. Nach und nach gefiel mir seine Art den Darm zu zupfen immer besser und er tut das mit einer unglaublichen Präzision, die viele Musiker nicht auf die Reihe kriegen. Darüber hinaus hat er ein feines Händchen was das arrangieren von Songs angeht und ist immer motiviert etwas zu optimieren. Gerade bezüglich dieser Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten war ich im Laufe der Zeit ehrlich gesagt ziemlich faul geworden und bin bis heute glücklich darüber, dass Mattes da den Big Brother macht der uns in dieser Hinsicht überwacht.

So tourten wir mit teilweise wechselnder Besetzung aber immer voller Freude durch die Gegend und hatten viele tolle Gigs, vor allem in den Jahren 2002 bis 2005. Ganz besondere Freude brachten uns dabei die Veranstaltungen, bei denen wir im Vorprogramm von Reggaegrößen wie Jamaica Papa Curvin oder Vitamin X zu hören waren. Aber auch die vielen kleinen Gigs in kleineren Clubs haben viel Spaß gemacht, zumal man da ja meistens viel näher mit den Zuhörern in Kontakt kommt. Auch über einige Radiobeiträge konnten wir uns freuen (danke Elmar). Manchmal sind wir viel zu weit gefahren und die Kosten haben sich nicht gedeckt, ich denke da zum Beispiel an das Kneipenfestival im östlichen Rathenow. Gelohnt hat sich im Nachhinein aber jeder einzelne Gig. Viel Anerkennung hat es uns auch gebracht, wenn wir nach einem Gig gleich Anfragen für weitere Auftritte bekommen haben. Schön auch, dass wir bei vielen Gelegenheiten andere Musiker und Bands kennen lernen durften. Insgesamt war es eine tolle Zeit, zu der viele Faktoren beigetragen haben. Doch einer hat sich als der mit Abstand wichtigste Faktor herausgestellt und das ist natürlich das Publikum. Es gibt keine größere Erfüllung für uns, als wenn wir auf der Bühne stehen und der Funke hinüber springt zu den lieben Menschen, die unsere Songs mitsingen, dazu tanzen und am Ende auch noch nach Zugaben verlangen. Dafür sind wir sehr dankbar.

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Der ernstgemeinte Versuch aufzuhören

Ich weiß, das machen sie alle. Ob Howard Carpendale oder Nena oder wer auch immer. Erst sagen sie, dass sie aufhören wollen und nach ein paar Jahren tauchen sie dann doch wieder auf. Alles von Anfang an genau durchgeplant und das alles nur aus marktpsychologischen Gründen. Aber ich schwöre bei Jah! Wir hatten es mit dem Aufhören wirklich ernst gemeint. Wir waren zufrieden mit dem Erfolg der vergangenen Jahre und als es uns aus hauptsächlich beruflichen Gründen auseinander zog haben wir das als Schicksal akzeptiert. Wir waren froh, dass wir uns nicht wie viele Bands aufgrund irgendwelcher Streitigkeiten auflösten. Eher im Gegenteil. Es war toll etwas gemeinsam bis zum letzten Ende durchgezogen zu haben und als Freunde auseinander zu gehen, oder besser gesagt, Freunde zu bleiben. Unser letzter Gig war ein Heimspiel, fand in der Kulturwerkstadt in Paderborn im Rahmen einer Veranstaltung der Lokalradiosendung Movimento statt. Da ging so sehr die Post ab, dass ich das Ozonloch, welches sich nach dem Verlust der Band in den kommenden Jahren immer weiter in meinem Leben breit machen sollte, nicht erahnt hatte. Auch die andern Acts haben zu einem tollen Abend beigetragen. Als weitere Bands waren übrigens Sudaca Power und die damals noch recht neu gegründete Paderborner Reggae und Soca Band Dreadnut inc. angesagt.

In der Folgezeit gab es immer mal wehleidige Momente für mich, besonders dann, wenn ich bei Konzerten anderer Bands zu Besuch war. Auch in meiner Funktion als Audio Engineer, ob nun bei Live-Veranstaltungen oder bei Studioproduktionen, fingen die Gedanken oft an zu treiben in die gute alte Zeit, die aber nun mal vorüber war, was ich derzeit auch als Lauf der Dinge akzeptierte. So vergingen ein paar Jahre und wir trafen uns ganz selten mal nur so zum Spaß zu einer Session im Vintage Studio, was als Relikt aus der Zeit mit Rentarasta übrig geblieben war. Wir haben uns auch mal zu einem Revival hinreißen lassen, als wir ein nettes Angebot von der ASTA der Uni Paderborn bekamen, aber das war ein Einzelfall. Einige von uns hörten ganz auf und einige pflegten andere Projekte. Wir taten von nun an verschiedene Dinge, doch eines hatten wir gemeinsam und das war die Erinnerung an Rentarasta.

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Und doch juckt es wieder – Das Comeback

Da denkt man du bist über vierzig und reif für einen etwas ruhigeren Lebensstil, wirst sesshaft und genießt deine Rolle als Familienvater und … Pustekuchen! Hört es denn niemals auf? Da ist es wieder. Dieses verdammte, wohl bekannte, vermeintlich losgewordene, dieses schöne aber lästige, diese verdammte, unüberwindbare und niemals aufhörende, dieses verdammte Jucken. Es juckt dich überall und jederzeit. Und du weißt ganz genau, aus dieser Nummer kommst du nicht mehr raus. So wie damals. Und noch viel schlimmer. Es bringt insbesondere zwei Probleme mit sich. Erstens, wie bringe ich es meiner Frau bei? Gut, das Problem hat sich dann als nichtig erwiesen, denn ich habe eine wirklich verständnisvolle und tolerante Frau. Danke, Jah. Aber zweitens, und das ist noch viel gehaltvoller, ist es ansteckend. Ich kann die Fresse ja manchmal nicht halten und erzähle meinen Kumpels natürlich von meinem Leiden, womit ich bei vollem Bewusstsein auch ihnen eine üble Neuinfektion verpasst habe. Ich weiß, bei anderen ansteckenden Dingen geht man für so etwas in den Knast, aber ich konnte meine Fresse nicht halten. Seit dem juckt es bei den Jungs auch wieder. Sorry, Jungs!

Und dann ging alles ziemlich schnell. Der Proberaum war ja noch da, wir hatten immer noch unsere Technik da stehen und einige von uns waren heiß auf einen Neuanfang. Es waren nicht alle von uns verfügbar, denn einige Dinge ändern sich eben. Doch waren es genug Leute um nach einer kleinen Umbesetzung wieder durchzustarten. Rufa sitzt nun am Schlagzeug, die Gitarre spielt wieder Kai. Neu dabei ist unser Saxofonist Tigana. Mattes ist beim Bass geblieben genauso wie Uli noch eine Weile bei den Keyboards geblieben war. Ich singe weiterhin die Leadvocals und bei einigen Songs bringe ich eine zweite Gitarre ein, eben so wie früher. Gelegentlich spiele ich noch eine Melodica. Alles läuft unter dem Motto „Keep on moving“ und falls erforderlich, reisen wir für einen Guten Gig bis ans Ende der Welt.

Sante, 2012